Das alte Bogarosch

Zeittafel


1769  im Mai / Juni werden die Bogaroscher Ansiedlerfamilien in Wien registriert und erreichen einige Wochen später den für sie bestimmten Ort.  Johann Thierjung berichtet:

An 200 Familien, unter ihnen auch Doppelfamilien mit 900 und etlichen Seelen, 25 bis 30 Knechten, 8 bis 10 Mägden bildeten 1769 die neue Gemeinde Bogarosch bei der Ansiedlung. Dort wurden sie vorläufig untergebracht und ihnen angedeutet sie mögen sich die Ortsverhältnisse ansehen und die Haus Nummer merken mit welcher jedes Haus bezeichnet sei, bis die Colonialcomission eintrifft welches in nächster Zeit geschehen wird, das Eintreffen der Comission wird mittelst Trommelschlag avisiert. Als die Commision erschienen, mußten die Colonisten sich inmitten des Ortes, mit der ganzen Familie und all Papieren welche sie in Händen hatten, sammeln. Als sie dort aufgestellt waren, wurde jeder von der Commission befragt wo er am liebsten wohnen wollte. Auf seine Erklärung hin wurde ihm ein Gewährschein ausgestellt das Haus und Hof sein Eigenthum sei.


Bei dieser Gelegenheit hatte sich auch eine kleine Episode in Bogarosch zugetragen, nämlich: als die Einwohner in Mitte des Ortes aufgestellt in Reih und Glied waren, ihre Papiere geprüft, die nötigen Erörterungen getroffen ihre Vermögensverhälnisse festgestellt und die in Wien von ihnen deponierten Gelder in empfang genommen, konnte ein Weib, dessen Familie nachher auf Haus Nr. 158 ansässig wurde, die Zeit nicht erwarten bis die Commision der Reihe nach bei ihr ankam, sie tritt aus Reih und Glied und forderte mehrmals die Commision auf in welche Gasse sie kommen werde. Verdroßen über das oftmalige Fragen der Gasse welche bis dahin doch keinen Namen hatte, somit nur von Haus Numro die Rede sein kann, gab der Hohe Kommisär ärgerlich zur Antwort: Scheiss Gasse … Die Gasse in welche die Fragestellerin auf Nr. 158 kam trägt den Namen Scheisgasse bis auf den heutigen Tag.


... Sie konnten ihr Feld nicht gleich in Besitz nehmen, vorher mußten sie sich erst Stallungen für das Klein Vieh bauen und die Hausgärten für die so nothwendigen Gemüse herrichten. Die erste Aussaat auf einem Teil der Felder wurde im Oktober 1769, noch bevor diese parzelliert waren, der Erde anvertraut, ergaben 1770 sowie 1772 Mißernten, 1771 aber ist das Getreide gänzlich fehlgeschlagen ...


1770  erfolgt die Gründung der Pfarrei, bis dahin war Bogarosch Filiale von Csadat. Im selben Jahr wurde auf dem Hausplatz Nr. 201 ein Schulhaus erbaut.


1771  Die Ursache für die große Sterblichkeit im Jahre 1771 ...  (94 Sterbefälle, im Vergleich  mit den Jahren davor und danach erheblich mehr. (1770 - 53; 1772-53)) sind wahrscheinlich die nicht trockenen,  neu erbauten Häuser, welche meistens offen stehen zum austrocknen, die Zugluft durch Fenster und Türen wirkte schädlich auf die Gesundheit bei Menschen und Tier.


bis 1774  waren die Colonisten von den 24 Joch Ackerfeld von Zehnten und Robot frei und es wurden keine Steuer abgefordert


1775 wurde Steuer, Zehnten und Roboten abgefordert, den Colonisten die aber im Rückstand geblieben waren wurde mit Exekution gedroht welche die Gemeinde zu einem Eingeben an die Landesadministration Temesvar veranlasste.  Daraufhin wurde die Schuld von 30 Insassen welche ihre Häuser verlassen oder davon entlassen wurden, mit 429fl und 47x nachgelassen, auch wurden neue Schulden mit 559fl 30x nachgelassen, somit zusammen 984fl 17x Nachlaß   (fl = Gulden, x = Kreuzer).


1776 waren  die Insassen von 40 Hausnummern bereits verstorben, durchgegangen oder abgewirtschaftet und die Häuser standen leer.


1786  erhielt die Gemeinde den ersten Notär, Michael Krizsanics (Krischanitsch), welcher jedoch schon 1788 einrücken und in den Krieg ziehen mußte   und erst dann wieder in sein Amt nach Bogarosch kam als der Frieden geschlossen war, nach ihm diente sein Sohn Franz bis 1874 als Notär in Bogarosch .


1796 waren infolge der großen Trockenheit und Hitze sämtliche Feldfrüchte missraten, nur die Hilfe der Regierung rettete die Bewohner vor dem Hungertode.

Kirche mit altem und neuem Turm.

1804  hatte Bogarosch 1600 Einwohner


1805  standen 210 Häuser im Dorf


1816  wurde die Orgel von Franz Wälter aus Temeswar um 5.011 fl. erbaut. Die Kirchenbücher berichten von einem ersten Instrument mit 6 Registern.  Die Orgel hat eine mechanische Spielt- und Registertraktur, die Werke befinden sich in drei separaten Orgelgehäusen. Der Winter war lang, anhaltend und eiskalt. Am 28, 29 und 30ten Jänner war die größte Kälte seit Menschengedenken, 21° Reaúmur (etwa -26° Celsius). Es wehte ein starker pfeiffender Wind, welcher einen höchst feinen Schnee in solcher Tüchtigkeit herumtrieb das man größere Gegenstände kaum auf 10 Schritt Entfernung ausnehmen konnte. Der Schnee schmolz spät, die Saat wuchs trotzdem, doch vor der Ernte kam von Warjasch eine Wasserflut und überschwemmte die Äcker. Das gesamte Getreide wurde vernichtet. Auf den tief liegenden Teilen des Hotters blieb das Wasser über mehrere Jahre hindurch

Vgl.: hierzu: Als das Jahr ohne Sommer wird das vor allem im Nordosten Amerikas und im Westen und Süden Europas ungewöhnlich kalte Jahr 1816 bezeichnet. In den Vereinigten Staaten bekam es den Spitznamen „Eighteen hundred and froze to death“, und auch in Deutschland wurde es als das Elendsjahr „Achtzehnhundertunderfroren“ berüchtigt. Als Hauptursache wird heute der Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora im April 1815 angesehen, der von Vulkanologen als deutlich stärker eingestuft wird als der Ausbruch des Vesuv im Jahr 79 n. Chr. und jener des Krakatau 1883.[Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Jahr_ohne_Sommer]


1817  war ein gesegnetes Jahr


1823  Gemeindehaus hatte die Gemeinde in den ersten 54 Jahren keines, im Haus des  Schulzen wurden alle Verhandlungen geschlichtet bei welchem sich auch die Strafrequisiten nämlich der Schandpflock an welchen die zu Strafenden angebunden wurden, dann Geige, Eisenketten und Priegelbank ... sich in Bereitschaft befanden. Die Geldzahlungen wurden vom Kassier von Haus zu Haus eingehoben ...


1830   Am 12. und 13. Januar fiel dermassen viel Schnee, dass der Verkehr zu den Nachbargemeinden völlig zum Erliegen kam. Es wurde spät Frühjahr, im Juli und August stieg das Erdwasser derart, dass die meisten Keller voller Wasser standen und infolgedessen sehr viele Häuser zusammenfielen .


1831   brach die Cholera aus, am 3. September starben die ersten Kranken, bis zum Abklingen, Anfang November, starben insgesamt 17 Kranke.


1836   bricht die Cholera erneut aus, ein Cholera-Arzt aus Makó weilt im Ort, innerhalb von drei Monaten starben von 700 Kranken 107.


1840  kostete ein Session Haus und Feld 8000 fl Wiener Währung.  Bogarosch hat 2180 Seelen.


1841 ...  mußte jeder Vater welcher 6 Söhne hatte einen Rekruten stellen oder einen von der Regierung als tauglich anerkannten Mann kaufen ...


1844 die neu angesiedelte Gemeinde Ujhely wurde unserer Pfarrei als Filiale zugeteilt


1845 standen 237 Häuser im Dorf,   ... hatte die Jugend sich zum erstenmal vereint mit geputzten Hüten während der Kirchweih um den Maibaum zu tanzen ...


1853 - Vergrößerung der Gemeinde, Die „Kameral - Kleinhäuser" werden in den Matrikelbüchern gelegentlich als Neu-Bogáros bezeichnet. Das heute noch stehende Schulhaus wurde gebaut.


1854 war der Weitzen mißrathen ... die Prügelstrafe wurde gesetzlich verboten ...


1859 wurde das Verwaltungsjahr vom 1 November auf den 1 Januar versetzt. Die Kirche wurde vergrößert, der Bau begann am 30. September 1859, die vergrößerte Kirche ist am 8. September 1860 neu eingeweiht worden


1863 ... zeichnete sich durch außerordentliche Dürre und Trockenheit aus und war beinah noch böser als das Jahr 1794. Die Gemeinde mußte ein Kosthaus errichten für die Armen zu speisen (dieser Zustand dauerte bis Mai 1864) doch war es in Bogarosch nicht am schlechtesten ...


1864 Nach dem Dürrejahr 1863, wanderten etwa 2000 Personen, aus Bogarosch und den umliegenden Ortschaften, nach Rumelien aus. Von den dortigen Grundherren nur ausgenutzt kehrten 1365 Personen im Spätherbst 1867 wieder ins Banat zurück.


1868 ... brannten die Kleinhäuser Nr. 66,67,68,69 und 70 gänzlich nieder ...


1869 zählte die Gemeinde 2655 Einwohner, ab 1. Juli eigene Poststation, erster Postmeister war der Kaufmann Friedrich Ferch genannt "Fritzl".


1871 entstand ein Leseverein im großen Gasthaus bei Kersch Michael


1873 brannten die Häuser von Numro 88,87,86,85 und 100b gänzlich nieder


1876 entstand eine Cassina (Casino) mit 32 Mitglieder mit Statuten vom Staate, das Gemeindehaus wurde ganz aus Brennziegel gebaut welches 8981 fl 39 x gekostet


1881 wurde eine Kirchenuhr zu Lasten der Kirchenkassa angeschafft , das Grundwasser kam abermals und blieb bis 1883 mit großem Schaden


1887 wurde eine Sparkassa mit 400 Actien und 20 000 fl Stammkapital gegründet


1892 wurde ein Leseverein mit 485 Mitgliedern gegründet


1894 errichtete Bodway Lajos die erste Apotheke in Bogarosch auf dem Patronat der göttlichen Vorsehung, selbige wurde 1896 an Schunck Richard verkauft

um 1900 begannen die großen Auswanderungswellen nach Amerika


1901 wurde der Kirchenturm, welcher mit Schindeln gedeckt gewesen war, durch einen neuen in Form einer Pyramide ersetzt ...


1910 Bahnanschluss, die Eisenbahnstrecke Hatzfeld - Lowrin wurde eröffnet, es verkehren anfangs 6 Züge am Tag


1914 in der Nacht des 26 Juli macht Österreich-Ungarn mobil, von den 543 eingerückten Bogaroscher sind 84 gefallen oder vermisst geblieben. Noch 1914 trat der Staat mit einer Kriegsanleihezeichnung an die Bevölkerung heran und wiederholte dies noch öfters bis zum Ende des Krieges. Man zeichnete im Laufe der vier Jahre enorme Summen. Im Herbst 1918 waren die Kriegsanleihen nur mehr Papierstücke ohne Wert. Manche Familie verarmte völlig


1918 zum Ende des Jahres besetzten die Serben Bogarosch und verblieben bis zum 27 Juli 1919, am 3. August zogen rumänische Truppen in Temeschburg ein.


1939-1945 von den im zweiten Weltkrieg eingerückten Bogaroscher sind 12 in der rumänischen Armee und 44 in der Deutschen Armee gefallen oder vermisst, 67 kehrten nicht mehr in ihre Heimat zurück, sie fanden in Deutschland, in Österreich und in den USA eine neue Heimat.


Im Herbst 1944 wurden die deutschen Ortschaften im Banat mit Kolonistenfamilien aus den rumänischen Kernländern durchsetzt.


1945, am14. Jänner begannen die Verschleppung der arbeitsfähigen deutschen Bevölkerung zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion. Agrarreform in Rumänien. Enteignung von Maschinen, Ackergeräte, Vieh- und Bodenbesitz


1947-1951 Gründung von Staatsfarm und Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaft (C. A. P.).


1951 Verschleppung in die Bârâgansteppe. nach 5 Jahren kehrten die Überlebenden zurück, von den 295 deportierten Bogaroscher sind 27 dort verstorben


ca. 1955 Einsetzen der Auswanderung / Familienzusammenführung


1968 Auflösung der Gemeinde Bogarosch, Zugehörigkeit zur Großgemeinde Lenauheim


1987 letzte Bogaroscher Kerwei


1990 kein deutscher Schuluntericht mehr in Bogarosch, in den Jahren davor nur die Klassen 1-4, mit einräumigem Unterricht


1989-1992 die letzten deutschstämmigen Bogaroscher verließen Rumänien, die Pfarrei Bogarosch wurde aufgelöst und der Pfarre Lowrin als Filiale zugeteilt

Schulhaus

Die Geschichte von Bogarosch ist bestens dokumentiert in den beiden Ortsmonographien von 1935 und 1993. Ergänzt werden diese  durch die Publikation von Josef Prunkl  in der die Lebenswelt der landwirtschaftlich  geprägten Gesellschaft sowie die Landwirtschaft selbst  akribisch dokumentiert wird. Ein weiteres ergänzendes Werk zur Bogaroscher Geschichte ist das Familienbuch  welches  alle Bewohner der Gemeinde von der Ansiedlung bis zum Exodus erfasst. Diese Seite soll die Informationen in den bereits vorhandenen Publikationen ergänzen und vertiefen.


Bogarosch wird in Urkunden des Budapester Landesarchivs als Bogaros, Bogarosd oder Bogarus zwischen 1462 und 1548 unter verschiedenen Besitzern und Pächtern bezeugt. 1562 als Königsgut an Ladislaus Kerecsányi de Kanyáföld verschenkt, scheint  Bogarosch  bis nach der Befreiung des Banats aus der Türkenherrschaft eine unbewohnte Öde gewesen zu sein.


Bezeichnet Johann Thierjung "das alte Bogarosch" als den Ort vor der Besiedlung durch unsere Vorfahren, so verschieben sich heute die zeitlichen Grenzen und nun, fast 100 Jahre später nach der Niederschrift der Thierjung'schen Monographie, dürfen wir unter dem Begriff "das alte Bogarosch" die Entwicklung unseres Heimatortes zwischen 1769 und 1990 verstehen.   

Das alte Bogarosch

Die Umgebung von Bogarosch in den 1780er Jahren auf einer Karte der josephinischen Landesaufnahme.

Das im Jahre 1853 erbaute Schulhaus

Kirchen und Gemeindesiegel aus dem 18 und 19. Jahrhundert

Plan zum Bau der Kolonistenhäuser bei der Ansiedlung  1769

Abgetragenes Haus Ecke Pakatzer-/Hauptgasse

abgetragenes Haus Nr. 140,

Ecke Haupt- / Pakatzergasse

abgetragene Roßmühle

Abgetragene Roßmühle am Ende der Gelwertsgass
 Gemeindehaus

Gemeindehaus

Bogaroscher Bahnhof, etwa 1908

Geschäft Feiler

Warenhaus Feiler

Kirche und Pfarrhaus