Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V.
Heimatortsgemeinschaft Bogarosch



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Das alte Bogarosch

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Das alte Bogarosch

Die Geschichte von Bogarosch ist bestens dokumentiert in den beiden Ortsmonographien von 1935 und 1993. Ergänzt werden diese  durch die Publikation von Josef Prunkl  in der die Lebenswelt der landwirtschaftlich  geprägten Gesellschaft sowie die Landwirtschaft selbst  akribisch dokumentiert wird. Ein weiteres ergänzendes Werk zur Bogaroscher Geschichte ist das Familienbuch  welches  alle Bewohner der Gemeinde von der Ansiedlung bis zum Exodus erfasst. Diese Seite soll die Informationen in den bereits vorhandenen Publikationen ergänzen und vertiefen.

Bogarosch wird in Urkunden des Budapester Landesarchivs als Bogaros, Bogarosd oder Bogarus zwischen 1462 und 1548 unter verschiedenen Besitzern und Pächtern bezeugt. 1562 als Königsgut an Ladislaus Kerecsányi de Kanyáföld verschenkt, scheint  Bogarosch  bis nach der Befreiung des Banats aus der Türkenherrschaft eine unbewohnte Öde gewesen zu sein.

Bezeichnet Johann Thierjung "das alte Bogarosch" als den Ort vor der Besiedlung durch unsere Vorfahren, so verschieben sich heute die zeitlichen Grenzen und nun, fast 100 Jahre später nach der Niederschrift der Thierjung'schen Monographie, dürfen wir unter dem Begriff "das alte Bogarosch" die Entwicklung unseres Heimatortes zwischen 1769 und 1990 verstehen.



 





















Zeittafel
1769
im Mai / Juni wer den die Bogaroscher Ansiedlerfamilien in Wien  registriert und  erreichen einige   Wochen später den für sie bestimmten Ort.  An 200 Familien, unter ihnen auch Doppelfamilien mit 900 und etlichen Seelen, 25 bis 30 Knechten, 8 bis 10 Mägden bildeten 1769 die neue Gemeinde Bogarosch bei der Ansiedlung. Dort wurden sie vorläufig unter gebracht und ihnen angedeutet sie mögen sich die Ortsverhältnisse ansehen und die Haus Nummer merken mit welcher jedes Haus bezeichnet sei, bis die Colonialcomission eintrifft welches in nächster Zeit geschehen wird. Als die Commision erschienen, versammelten sich die Kolonisten sich inmitten des Ortes, mit der ganzen Familie und all Papieren welche sie in Händen hatten. Es wurde jeder von der Commission befragt welches Wohnhaus sie sich ausgesucht hätten, dafür wurde ihnen ein Gewährschein ausgestellt, dass das ausgesuchte Haus und Hof sein Eigenthum sei.
Bei dieser Gelegenheit hatte sich auch eine kleine Episode in Bogarosch zugetragen, nämlich: als die Einwohner in Mitte des Ortes aufgestellt in Reih und Glied waren, ihre Papiere geprüft, die nötigen Erörterungen getroffen ihre Vermögensverhältnisse festgestellt und die in Wien von ihnen deponierten Gelder in Empfang genommen, konnte ein Weib, dessen Familie nachher auf Haus Nr. 158 ansässig wurde, die Zeit nicht erwarten bis die Commision der Reihe nach bei ihr ankam, sie tritt aus Reih und Glied und forderte mehrmals die Commision auf in welche Gasse sie kommen werde. Verdrossen über das oftmalige Fragen der Gasse welche bis dahin doch keinen Namen hatte, somit nur von Haus Nummro so und soviel die Rede sein kann, gab der Hohe Kommisär ärgerlich zur Antwort: Scheiss Gasse … Die Gasse in welche die Fragestellerin auf Nr. 158 kam trägt den Namen Scheißgasse bis auf den heutigen Tag.
... Sie konnten ihr Feld nicht gleich in Besitz nehmen, vorher mußten sie sich erst Stallungen für das Klein Vieh bauen und die Hausgärten für die so nothwendigen Gemüse herrichten. Die erste Aussaat auf einem Teil der Felder wurde im Oktober 1769, noch bevor diese parzelliert waren, der Erde anvertraut, ergaben 1770 sowie 1772 Mißernten, 1771 aber ist das Getreide gänzlich fehlgeschlagen ...
1770

Gründung der Pfarrei, bis dahin war Bogarosch Filiale von Csadat - auf dem Hausplatz Nr. 201 wurde ein Schulhaus erbaut.
1771
Die Ursache für die große Sterblichkeit im Jahre 1771 ...  (94 Sterbefälle, im Vergleich  mit den Jahren davor und danach erheblich mehr. (1770 - 53; 1772-53)) sind wahrscheinlich die nicht trockenen, neu erbauten Häuser, welche meistens offen stehen zum Austrocknen, die Zugluft durch Fenster und Türen wirkte jedoch schädlich auf die Gesundheit bei Menschen und Tier.
bis 1774
waren die Colonisten von den 24 Joch Ackerfeld von Zehnten und Robot frei und es wurden keine Steuer abgefordert
1775
wurde Steuer, Zehnten und Roboten abgefordert, den Colonisten die aber im Rückstand geblieben waren wurde mit Exekution gedroht welche die Gemeinde zu einem Eingeben an die Landesadministration Temesvar veranlasste.  Daraufhin wurde die Schuld von 30 Insa-ssen welche ihre Häuser verlassen oder davon entlassen wurden, mit 429fl und 47x nachgelassen, auch wurden neue Schulden mit 559fl 30x nachgelassen, somit zusammen 984fl 17x Nachlaß   (fl = Gulden, x = Kreuzer). ***1776: waren  die Insassen von 40 Hausnummern bereits verstorben, durchgegangen oder abgewirtschaftet und die Häuser standen leer.
1786
erhielt die Gemeinde den ersten Notär, Michael Krizsanics (Krischanitsch), (welcher jedoch schon 1788 einrücken mußte und danach wieder auf diesen Posten zurückkehrte), nach ihm diente sein Sohn Franz bis 1874 als Notär in Bogarosch .
1796
waren infolge der großen Trockenheit und Hitze sämtliche Feldfrüchte missraten, nur die Hilfe der Regierung rettete die Bewohner vor dem Hungertode.





Gemeindesiegel
18. Jahrhundert
Kirchensiegel
19. Jahrhundert
Gemeindesiegel
19. Jahrhundert


1804
hatte Bogarosch 1600 Einwohner, es standen 210 Häuser im Dorf
1816
- wurde die Orgel von Franz Wälter aus Temeswar um 5.011 fl. erbaut. Die Kirchenbücher berichten von einem ersten Instrument mit 6 Registern.  Die Orgel hat eine mechanische Spiel- und Registertraktur, die Werke befinden sich in drei separaten Orgelgehäusen.
- Der Winter war lang, anhaltend und eiskalt. Am 28, 29 und 30ten Jänner war die größte Kälte seit Menschengedenken, 21° Reaúmur (etwa -26° Celsius). Es wehte ein starker pfeifender Wind, welcher einen höchst feinen Schnee in solcher Tüchtigkeit herumtrieb das man größere Gegenstände kaum auf 10 Schritt Entfernung ausnehmen konnte. Der Schnee schmolz spät, die Saat wuchs trotzdem, doch vor der Ernte kam von Warjasch eine Wasserflut und überschwemmte die Äcker. Das gesamte Getreide wurde vernichtet. Auf den tief liegenden Teilen des Hotters blieb das Wasser über mehrere Jahre hindurch.  
(Vgl.: hierzu: Als das Jahr ohne Sommer wird das vor allem im Nordosten Amerikas und im Westen und Süden Europas ungewöhnlich kalte Jahr 1816 bezeichnet. In den Vereinigten Staaten bekam es den Spitznamen „Eighteen hundred and froze to death“, und auch in Deutschland wurde es als das Elendsjahr „Achtzehnhundertunderfroren“ berüchtigt. Als Hauptursache wird heute der Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora im April 1815 angesehen, der von Vulkanologen als deutlich stärker eingestuft wird als der Ausbruch des Vesuv im Jahr 79 n. Chr. und jener des Krakatau 1883.[Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Jahr_ohne_Sommer])
1817
war ein gesegnetes Jahr
1823
Bau eines Gemeindehauses, ein solches hatte die Gemeinde in den ersten 54 Jahren keines, im Haus des  Schulzen wurden alle Verhandlungen geschlichtet bei welchem sich auch die Strafrequisiten, nämlich Schandpflock, Geige, Eisenketten und Prügelbank sich in Bereitschaft befanden. Die Geldzahlungen wurden vom Kassier von Haus zu Haus eingehoben
1830
Am 12. und 13. Januar fiel dermassen viel Schnee, dass der Verkehr zu den Nachbargemeinden völlig zum Erliegen kam. Es wurde spät Frühjahr, im Juli und August stieg das Erdwasser derart, dass die meisten Keller voller Wasser standen und infolgedessen sehr viele Häuser zusammenfielen.
1831
brach die Cholera aus, am 3. September starben die ersten Kranken, bis zum Abklingen, Anfang November, starben insgesamt 17 Kranke.
1836
bricht die Cholera erneut aus, ein Cholera-Arzt aus Makó weilt im Ort, innerhalb von drei Monaten starben von 700 Kranken 107.
1840
- kostete ein Session Haus und Feld 8000 fl Wiener Währung - Bogarosch hat 2180 Seelen
1841
mußte jeder Vater welcher 6 Söhne hatte einen Rekruten stellen oder einen von der Regierung als tauglich anerkannten Mann kaufen ...
1844
die neu angesiedelte Gemeinde Ujhely wurde unserer Pfarrei als Filiale zugeteilt
1845
- standen 237 Häuser im Dorf - wurde an der Kerwei erstmalig die Hüte der Burschen geputzt
1853
- Vergrößerung der Gemeinde, Die „Kameral - Kleinhäuser" werden in den Matrikelbüchern gelegentlich als Neu- Bogáros  bezeichnet  - Das heute noch stehende Schulhaus wurde gebaut.


Haus Nr. 140
Ecke Haupt-/Pakatzergasse
Roßmühle
Am Ende der Geelwertsgasse
Schulhaus
erbaut 1853
1854
war der Weitzen mißrathen - die Prügelstrafe wurde gesetzlich verboten
1859
wurde das Verwaltungsjahr vom 1 November auf den 1 Januar versetzt - Vergrößerung der Kirche, der Anbau von zwei Seitenschiffen begann am 30. September 1859, die so vergrößerte Kirche ist am 8. September 1860 neu eingeweiht worden
1863
zeichnete sich durch außerordentliche Dürre und Trockenheit aus und war beinah noch böser als das Jahr 1794. Die Gemeinde mußte ein Kosthaus errichten für die Armen zu speisen (dieser Zustand dauerte bis Mai 1864) doch war es in Bogarosch nicht am schlechtesten ...
1864
Nach dem Dürrejahr 1863, wanderten etwa 2000 Personen, aus Bogarosch und den umliegenden Ortschaften, nach Rumelien aus. Von den dortigen Grundherren nur ausgenutzt kehrten 1365 Personen im Spätherbst 1867 wieder ins Banat zurück.
1868
brannten die Kleinhäuser Nr. 66, 67, 68, 69 und 70 gänzlich nieder
1869
die Gemeinde hat 2655 Einwohner - ab 1. Juli eigene Poststation, erster Postmeister war der Kaufmann Friedrich Ferch genannt "Fritzl".
1871
entstand ein Leseverein im großen Gasthaus bei Kersch Michael
1873
brannten die Häuser von Nummro 88,87,86,85 und 100b gänzlich nieder
1876
entstand eine Cassina (Casino) mit 32 Mitglieder mit Statuten vom Staate - das Gemeindehaus wurde ganz aus Brennziegel gebaut welches 8981 fl 39 x gekostet
1881
wurde eine Kirchenuhr zu Lasten der Kirchenkassa angeschafft - das Grundwasser kam abermals und blieb bis 1883 mit großem Schaden
1887
wurde eine Sparkassa mit 400 Actien und 20 000 fl Stammkapital gegründet
1892
wurde ein Leseverein mit 485 Mitgliedern gegründet
1894
errichtete Bodway Lajos die erste Apotheke in Bogarosch auf dem Patronat der göttlichen Vorsehung, selbige wurde 1896 an Schunck Richard verkauft.




Kirche mit altem und neuem Turm



Gemeindehaus
um1910

Warenhaus Feiler
um1910

Bahnhof
1910
um 1900
begannen die großen Auswanderungswellen nach Amerika
1901
wurde der Kirchenturm, welcher mit Schindeln gedeckt gewesen war, durch einen neuen in Form einer Pyramide ersetzt
1910
Bahnanschluss, die Eisenbahnstrecke Hatzfeld - Lowrin wurde eröffnet, es verkehren anfangs 6 Züge am Tag
1914
in der Nacht des 26 Juli macht Österreich-Ungarn mobil, von den 543 eingerückten Bogaroscher sind 84 gefallen oder vermisst geblieben. Noch 1914 trat der Staat mit einer Kriegsanleihezeichnung an die Bevölkerung heran und wiederholte dies noch öfters bis zum Ende des Krieges. Man zeichnete im Laufe der vier Jahre enorme Summen. Im Herbst 1918 waren die Kriegsanleihen nur mehr Papierstücke ohne Wert. Manche Familie verarmte völlig
1918

zum Ende des Jahres besetzten die Serben Bogarosch und verblieben bis zum 27 Juli 1919, am 3. August zogen rumänische Truppen in Temeswar ein.
1939/45
von den im zweiten Weltkrieg eingerückten Bogaroscher sind 12 in der rumänischen Armee und 44 in der Deutschen Armee gefallen oder vermisst, 67 kehrten nicht mehr in ihre Heimat zurück, sie fanden in Deutschland, in Österreich und in den USA eine neue Heimat.
1944
im Herbst wurden die deutschen Ortschaften im Banat mit Kolonistenfamilien aus den rumänischen Kernländern durchsetzt.
1945
am 14. Jänner begannen die Verschleppung der arbeitsfähigen deutschen Bevölkerung zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion. Agrarreform in Rumänien. Enteignung von Maschinen, Ackergeräte, Vieh- und Bodenbesitz
1947-1951
Gründung von Staatsfarm (I.A.S.) und Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaft (C. A. P.)
1951
Verschleppung in die Bârâgansteppe. nach 5 Jahren kehrten die Überlebenden zurück, von den 295 deportierten Bogaroscher sind 27 dort verstorben
ca 1955
Einsetzen der Auswanderung / Familienzusammenführung
1968
Auflösung der Gemeinde Bogarosch, Zugehörigkeit zur Großgemeinde Lenauheim
1987
die deutsche Einwohnerschaft feiert zum letzten Male Kerwei in der alten Heimat, 7 Kerweipaare marschieren durch die Hauptgasse
1990
kein deutscher Schulunterricht mehr in Bogarosch, in den Jahren davor nur die Klassen 1-4, mit einräumigem Unterricht
1989-1992
- die letzten deutschstämmigen Bogaroscher verließen Rumänien
- die Pfarrei Bogarosch wurde aufgelöst und der Pfarre Lowrin als Filiale zugeteilt.

 
letzte Aktualisierung am 05. September 2024